Innovation4E

Farbige Solarmodule: Was kann die MorphoColor®-Technologie?

Die Energiewende in Deutschland, Europa und weltweit hat zu einem deutlichen Zubau an Photovoltaik geführt. Nun wächst der Wunsch, PV-Module ästhetisch ansprechend in den bebauten Raum einbinden zu können.

Thomas Kroyer ist Forscher am Fraunhofer ISE. Gemeinsam mit seinen Kollegen und Kolleginnen aus den Bereichen funktionale Beschichtungen und gebäudeintegrierte Photovoltaik hat er die MorphoColor®-Technologie entwickelt, um sehr effiziente farbige Solarmodule für die Integration in Gebäuden herstellen zu können. In einem Interview berichtet er über diese Entwicklung und die Eigenschaften dieser Technologie. Er gibt auch einen Ausblick darauf, was wir in Zukunft in den Bereichen gebäudeintegrierte Photovoltaik und farbige Solarmodule erwarten können.

Wie kamt ihr auf die Idee, eine Beschichtung für hocheffiziente farbige PV-Module zu entwickeln?

Vor etwa zehn Jahren begannen Architektinnen und Gebäudeplaner verstärkt die Frage zu stellen, ob man Photovoltaik (PV) nicht auch ästhetisch ansprechend in Gebäude einbinden könne, als unsichtbares Fassadenelement zum Beispiel. Aus Sicht der Optik- und Photovoltaikexperten des Fraunhofer ISE ist ein hocheffizientes farbiges PV-Modul aber ein Widerspruch in sich, da eine Farbgebung doch eine Reflexion von Licht und damit einen Verlust für die Stromerzeugung bedeutet. Dennoch haben wir uns dieser Herausforderung gestellt. Inspiriert vom biologischen Vorbild des Morpho-Schmetterlings – der zwar blau leuchtende Flügel hat, jedoch ohne absorbierende Farbpigmente – haben wir die MorphoColor®-Beschichtung entwickelt. Mit dieser lassen sich hocheffiziente PV-Module mit intensiver und homogener Farbgebung realisieren.

Morpho-Schmetterling. ©Foto: Izzy LeCours, Lizenz: CC BY 2.0

Können (farbige) PV-Module Teile der Fassade oder des Daches ersetzen?

 Selbstverständlich, das ist die Idee hinter gebäudeintegrierter Photovoltaik. Wenn Solarmodule multifunktional werden und gleichzeitig als Fassadenelement oder Dachziegel fungieren, schneiden sie in ökonomischer und ökologischer Hinsicht oft besser ab als herkömmliche Fassadenelemente. Farbige Module können entweder optisch in der Fassade »verschwinden« oder als gestalterische Elemente eingesetzt werden. Das neueste Beispiel ist die PV-Anlage in Regenbogenfarben mit MorphoColor®-Technologie auf dem Stadiondach des FC St. Pauli in Hamburg.

PV-Installation auf dem Stadiondach des FC St. Pauli. Die bunten Farben der Module wurde durch die am Fraunhofer ISE entwickelte MorphoColor®-Technologie erzielt. Foto: ©LichtBlick

Was macht die MorphoColor®-Technologie so effizient?

Anders als Farbpigmente oder eine farbige Folie, die das Modul zum Teil stark abschatten und große Wirkungsgradverluste verursachen können, erzeugt unsere MorphoColor®-Beschichtung die gewünschte Farbe durch eine Interferenzschicht. Diese Interferenzwirkung erlaubt es, einzelne Wellenlängen der Sonne sehr genau zu selektieren und zurückzuwerfen, um eine intensive Farbgebung zu erzeugen. Für den Rest des Sonnenlichts bleibt das Glas durchsichtig. Aus diesem Grund bleiben die Energieverluste gering. Farbige PV-Module mit der MorphoColor®-Beschichtung erbringen ca. 90-95 % der Leistung eines vergleichbaren schwarzen Moduls. Für diese Leistung sowie den erfolgreichen Transfer von MorphoColor® in die Anwendung wurden wir 2024 mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis ausgezeichnet. Gemäß der Mission der Fraunhofer-Gesellschaft honoriert der Preis marktnahe, angewandte Forschungsleistungen. PV-Module mit der MorphoColor®-Technologie werden von der Megasol Energie AG vertrieben.

Inwiefern beeinflusst die Farbe den Wirkungsgrad der Module?

Um das zu beantworten, müssen wir ein wenig tiefer in die Physik einsteigen:
Sonnenlicht besteht aus vielen Farben mit unterschiedlichen Wellenlängen, die als Lichtteilchen (Photonen) auf das Modul auftreffen. Bei herkömmlichen Solarmodulen erzeugt jedes antreffende Photon zwischen dem nahen Infrarot und dem Ultraviolett im Modul ein Elektron mit der gleichen Energie. In einem herkömmlichen Silizium-Solarmodul wird also ein Großteil der Sonnenenergie im Bereich des infraroten oder roten Lichts in Strom umgewandelt. Das kurzwellige blaue Licht dagegen wird nur zu einem kleineren Teil genutzt. Daher ist der Stromverlust geringer, wenn man blaues Licht reflektiert als beispielsweise rotes Licht. Ein blaues Solarmodul hat also einen leicht besseren Wirkungsgrad (96% der Leistung eines schwarzen Moduls) als ein rotes (94% der Leistung).

Mit der MorphoColor®-Beschichtung sind die Unterschiede klein, da die Beschichtung die reflektierten Farben sehr genau selektieren kann.

Das Forscherteam des Fraunhofer ISE mit farbigen PV-Modulen vor der Beschichtungsanlage des Freiburger Instituts. Dr. Andreas Wessels, Dr. Oliver Höhn und Dr. Thomas Kroyer (v.l.n.r) gewannen den Joseph-von-Fraunhofer Preis 2024 für die MorphoColor®-Technologie. Foto: ©Fraunhofer ISE

Der Markt für farbige PV-Produkte wächst. Wodurch hebt sich MorphoColor® von anderen Technologien ab?

Mit der MorphoColor®-Technologie haben wir es geschafft sehr effiziente farbige Solarmodule herzustellen, die sich mit einer hohe Farbsättigung und Winkelstabilität auszeichnen.

Es gibt farbige PV-Module auf dem Markt, die unterschiedliche Ansprüche bedienen. Zum Beispiel werden farbige PV-Module mit verschiedenen Oberflächenmustern angeboten oder farbige Folien, die einfach auf PV-Module aufgeklebt werden können. Das wachsende Angebot spiegelt das Interesse an gebäudeintegrierter PV wider, um Fassaden und Dächer zu verschönern. Jedoch weisen die verschiedenen Technologien auch qualitativen Unterschiede auf, sodass man genau vergleichen sollte, z.B. hinsichtlich der Effizienz oder der Flächenhomogenität.

Welche Weiterentwicklungen sind nun gefragt?

Am Fraunhofer ISE arbeiten wir an einigen neuen Entwicklungen vor allem für den Gebäude- und Verkehrsbereich. Der nächste Schritt bei MorphoColor® ist, die Technologie auf Folien zu bringen. Damit könnten wir flexible Substrate oder gekrümmte Flächen in Gebäuden mit farbiger Photovoltaik bestücken.

Hierfür arbeiten wir immer wieder mit Industriepartnern zusammen, um ihre Herausforderungen gemeinsam zu lösen, neue Produkte zu entwickeln und bestehende zu verbessern.

Thomas Kroyer

Dr. Thomas Kroyer leitet die Gruppe „Gruppenleiter Beschichtungstechnologien und -systeme" am Fraunhofer ISE.

Sein Forschungsschwerpunkt sind optisch-funktionale Oberflächen für Anwendungen in der Photovoltaik, Solarthermie und in energieeffizienten Gebäuden.

Kommentieren

Thomas Kroyer

Sie haben Fragen oder Anmerkungen? Sie finden ein Thema besonders spannend und möchten gerne mehr darüber lesen? Kontaktieren Sie uns. Wir werden uns um Ihr Anliegen kümmern!

Kontakt

Folge uns