Innovation4E

Ein Jahr Agrophotovoltaik: Sonnenernte auf zwei Etagen

Der dümmste Bauer erntet ja laut Sprichwort die dicksten Kartoffeln. Der schlaue Bauer dagegen erntet Solarstrom. Zumindest in Deutschland, wo die Erzeugung von Solarstrom für die Landwirte rund zehnmal lohnender ist als der Anbau von Nutzpflanzen. Als die ersten Freiflächen- Solaranlagen auf Äckern errichtet wurden, entbrannte eine heiße Debatte: wertvolle Fläche wird der Nahrungsproduktion entzogen, der Bauer wird zum Energiewirt. Andererseits muss Deutschland auch Ackerflächen für die Solarstromproduktion erschließen, sonst kann es den dringend Ausbau der erneuerbaren Energien (schon für die 85prozentige CO2-Reduktion bis 2050 sind etwa 200 Gigawatt Photovoltaik nötig) nicht bewältigen.

Doch statt in Konkurrenz zu stehen, können sich Photovoltaik und Photosynthese durchaus ergänzen- die Agrophotovoltaik (APV) ermöglicht die effiziente Doppelnutzung der Fläche. Sprich: der Bauer von nebenan liefert bald nicht nur Kartoffeln, sondern auch Strom. Vom gleichen Acker.

Wie gut dies funktioniert, beweist die APV- Anlage der Demeter- Hofgemeinschaft Heggelbach am Bodensee seit einem Jahr: Auf einem Drittel Hektar Ackerfläche wird hier Ökolandbau betrieben, darüber ernten in fünf Meter Höhe 720 Solarmodule das Sonnenlicht. Die halbtransparenten Glas-Glas-Module sind in großen Abständen aufgeständert, damit die Nutzpflanzen darunter gleichmäßig mindestens 60 Prozent der für die Photosynthese relevanten Strahlung abbekommen. So können auf der gleichen Fläche gleichzeitig Kohlehydrate und Kilowattstunden erzeugt werden.

Die sieben Partner des Modellprojekts »Agrophotovoltaik- Ressourceneffiziente Landnutzung« unter Leitung des Fraunhofer ISE wollen technische, gesellschaftliche, ökologische und ökonomische Fragen dieser neuen Photovoltaik-Anwendung klären. Zum Beispiel die, welche Kulturpflanzen unter den Modulen ohne große Verluste angebaut werden können. Oder welche politischen und energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen nötig sind, um der neuen Technologie zum Durchbruch zu verhelfen.

Konzept einer Agrophotovoltaik-Anlage.© Fraunhofer ISEEinen ersten Blogbeitrag zur APV gab es zum Start des Projekts:

Agrophotovoltaik – Bestehende Lösung für neue Probleme 

 

Das erste Betriebsjahr ist im Oktober 2017 zu Ende gegangen. In den zwölf Monaten sind auf den beiden Etagen der Anlage vier Kulturen (Winterweizen, Kartoffeln, Kleegras, Sellerie) sowie 245.666 Kilowattstunden Solarstrom geerntet worden. Prof. Petra Högy von der Uni Hohenheim und Stephan Schindele, Projektleiter am ISE, werten die Ergebnisse der ersten Sonnen-Ernten für »Innovation4E« aus:

Das sagt die Agrar-Expertin: Prof. Petra Högy, Universität Hohenheim

Aus agrarwissenschaftlicher Sicht scheint Agrophotovoltaik auf den ersten Blick ein vielversprechender Lösungsansatz, um die Landnutzungseffizienz durch die Produktion von Nahrungsmitteln und Strom auf derselben Fläche zu erhöhen und den Mix erneuerbarer Energien, die zukünftig aus der Landwirtschaft bereitgestellt werden, zu erweitern. Allerdings sind aus unserer Sicht auch mehrere Praxisjahre und Untersuchungen mit anderen Kulturen sinnvoll, um eindeutige Aussagen treffen zu können.

Prima Klima unter den Modulen?

Da die Solarmodule die Sonneneinstrahlung auf der Fläche unterhalb der Anlage beeinflussen können – mit Folgen für das Mikroklima und den Wasserhaushalt – werden die Reaktionen der Kulturpflanzen auf die lokal veränderten Umweltbedingungen untersucht. Dafür werden auch mikroklimatische Parameter wie die photosynthetisch aktive Strahlung (PAR), Luft- und Bodentemperatur, Luft- und Bodenfeuchte sowie die Niederschlagsmenge erfasst. Erste Auswertungen deuten darauf hin, dass die PAR unter der APV-Anlage um etwa 30 Prozent reduziert wird, es aber beispielsweise hinsichtlich der Lufttemperatur keine Unterschiede zwischen APV- und Referenzfläche gibt. Eine detaillierte Auswertung läuft. Die Bewirtschaftung der vier untersuchten Kulturen (Kleegras, Sellerie, Kartoffeln und Winterweizen) erfolgt wie lokal üblich ohne Bewässerung. Ausspülungen sind vereinzelt lokal im Feld zu beobachten, diese sind jedoch abhängig von der Kultur und der Bestandsentwicklung. Vor allem der Regensammler unterhalb der Modulkante deutet auf eine ungleiche Verteilung des Regenwassers hin. Diese Daten werden derzeit ausgewertet.

Ernteergebnisse der Landwirtschaft

Während das Kleegras nur mit einer leichten Ertragsreduktion (-5,3 %) auf die Beschattung durch Agrophotovoltaik (APV) reagierte, war diese bei Kartoffeln (-18,2), Weizen (-18,7 %) und Sellerie (-18,9 %) stärker ausgeprägt. Im ersten Versuchsjahr wurde bei Weizen und Kartoffeln eine leicht verzögerte Bestandsentwicklung unter der APV-Anlage im Vergleich zur Referenzfläche beobachtet, diese war jedoch nur an wenigen Tagen sichtbar. Zum Zeitpunkt der Endernte konnten keine nennenswerten Entwicklungsunterschiede beobachtet werden, so dass für jede Kultur die APV- und Referenzfläche am gleichen Termin geerntet werden konnten. Auch diese Daten werden aktuell von uns ausgewertet.
Derzeit deuten die Ergebnisse aus dem ersten Praxisjahr darauf hin, dass alle vier untersuchten Kulturen (Kleegras, Sellerie, Kartoffeln und Winterweizen – alle Teil der Ökolandbau-Fruchtfolge) zwar gute und vermarktbare, allerdings im Vergleich zur Referenzfläche weniger hohe Erträge erzielen konnten. Allerdings müssen wir darauf hinweisen, dass die APV-Fläche und die Referenzfläche gleichzeitig abgeerntet wurden, was für die Pflanzen der APV-Fläche teilweise zu früh war. Normalerweise hätte man zum Beispiel Sellerie oder Kartoffeln noch zwei Wochen Reifezeit gegeben. Ergebnisse zur Ertragsqualität stehen derzeit noch aus. Aussagen zu weiteren, eventuell besser geeigneten Kulturpflanzen, können wir derzeit noch nicht ableiten, diesbezüglich sind weitere Untersuchungen mit anderen Kulturpflanzen notwendig.

Die Ernte des Winterweizens unter der APV-Anlage.
Die Ernte des Winterweizens unter der APV-Anlage. ©Hofgemeinschaft Heggelbach

Vor allem die Bewirtschaftung mit Kleegras unter APV sieht aufgrund der geringeren Ernteverluste vielversprechend aus, allerdings sollte für eine eindeutige Aussage das zweite Versuchsjahr abgewartet werden. Ob eine Tierhaltung direkt auf der APV-Anlage möglich ist, sollte in einem weiteren Praxisversuch untersucht werden, denn die Tierhaltung unter APV ist nicht im Fokus des Forschungsprojektes APV-Resola. Unklar sind derzeit auch die Auswirkungen von APV auf die Ertragsqualität einschließlich der Futterqualität, hier müssen wir die Laborergebnisse zu möglichen Veränderungen in den verwertungsspezifischen Inhaltsstoffen abwarten. Auch zum Transfer der Agrophotovoltaik in andere Klimazonen angeht, können wir aufgrund der fehlenden Datenlage noch keine Aussage treffen. Auch hier wären Praxisversuche hilfreich.

Das sagt der Solar-Experte: Stephan Schindele, Projektleiter Agrophotovoltaik am Fraunhofer ISE:

Die Ergebnisse des ersten Projektjahres sind ein voller Erfolg, da sich die Agrophotovoltaik-Anlage als praxistauglich erwiesen hat, in den Kosten bereits heute mit kleinen Solar-Dachanlagen wettbewerbsfähig ist und die Ernte nur geringfügig kleiner ausgefallen ist als auf der Referenzfläche. Insgesamt wurde die Flächennutzungseffizienz um 60 Prozent gesteigert.

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APV-Anlage liefert überdurchschnittlich

Zumindest was die technischen Anforderungen betrifft, wurden unsere Erwartungen übertroffen. In den ersten zwölf Monaten hat die Photovoltaik-Anlage 245.666 Kilowattstunden Strom geerntet, das sind 1.266 Kilowattstunden pro installiertem Kilowatt Leistung. Dieses Ergebnis liegt ein Drittel über dem deutschlandweiten Durchschnitt von 950 Kilowattstunden pro Kilowatt. Die Baywa renewable energies, die im Projektverbund für die Errichtung und das Lastmanagement der APV-Anlage zuständig ist, hat den Eigenverbrauch ausgewertet. In ihrem täglichen Verlauf passt die Stromernte vom Acker gut zum Stromverbrauch auf dem Demeter-Hof. In den Sommermonaten wurde die Last tagsüber fast komplett durch die Agrophotovoltaik-Anlage beliefert, im Juli sogar nahezu komplett. In den Wintermonaten lieferte die Anlage den benötigten Strom im Tagesverlauf für die Verbraucher meist zu spät, in den Sommermonaten früh genug.

Etwa 40 Prozent des erzeugten Solarstroms wurden in der Hofgemeinschaft Heggelbach direkt genutzt, für das Betanken des Elektrofahrzeugs sowie die Verarbeitung der Produkte. Die Demeter- Bauern um Thomas Schmid planen, durch eine Optimierung ihres Verbrauchsverhaltens und den Einsatz eines Stromspeichers den Grad der Eigennutzung auf 70 Prozent zu steigern. Lastspitzen von 50 oder 100 kW können durch die APV-Anlage noch nicht abgedeckt werden. Den überschüssigen Strom nimmt der Projektpartner Elektrizitätswerke Schönau ab.

Lastabdeckung durch die APV-Anlage
Lastabdeckung durch die APV-Anlage: In den Sommermonaten wurde die Last tagsüber fast komplett durch Sonnenstrom abgedeckt. © BayWa r. e./Fraunhofer ISE

Der ökonomische Mehrertrag pro Flächeneinheit ist generell schwer zu beziffern. Für den Landwirt in Deutschland ist die Energieproduktion finanziell rund zehnmal lohnender als Nahrungsmittelerzeugung, eine herkömmliche PV-Freiflächenanlage würde wahrscheinlich einen größeren Ertrag pro Fläche liefern. Das führt aber zu einem ethischen Dilemma: Wir nutzen wertvolle, fruchtbare Böden für die Energiegewinnung (18 Prozent der Ackerfläche in Deutschland sind mit Energiepflanzen bebaut) und beziehen anschließend Nahrungsmittel aus Schwellen- und Entwicklungsländern. Mit der Folge, dass dort verstärkt für den Export angebaut wird und für die einheimische Bevölkerung weniger Nahrung zur Verfügung steht. Das ist auch im Sinne des Klimaschutzes nicht zu verantworten.

Die Lebenszyklusanalyse der APV-Anlage soll bis Ende 2018 abgeschlossen sein, sodass es noch keine Aussagen zum ökologischen Mehrertrag gibt. Wir wissen jedoch von keiner negativen ökologischen Beeinflussung. Im Gegenteil, die vor der Errichtung der APV-Anlage vorhandene Artenvielfalt ist auch heute noch zu erkennen. Eine herkömmliche Freiflächenanlage hätte die Artenvielfalt verändert, aber die Nahrungsmittelerzeugung wäre nicht mehr möglich gewesen.

Forschungsprojekt Agrophotovoltaik - Hofgemeinschaft Heggelbach am Bodensee

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Goetzbergers Vision in die Zukunft gedacht

Seit die Idee der Agrophotovoltaik 1981 vom Gründer des Fraunhofer ISE, Prof. Dr. Adolf Goetzberger, formuliert wurde, wurden weltweit mehrere große Agrophotovoltaik -Anlagen umgesetzt. Allerdings existieren nur wenige APV-Forschungsanlagen. Im Projekt »Agrophotovoltaik- Ressourceneffiziente Landnutzung« werden nun erstmalig unter Realbedingungen die wirtschaftlichen, technischen, gesellschaftlichen und ökologischen Aspekte der Technologie an einer Pilotanlage wissenschaftlich untersucht. Ziel des Projektes ist es, die APV-Freiflächenanlagentechnik zu einem marktfähigen Produkt zu entwickeln. Um den für eine Markteinführung notwendigen Nachweis der Funktionstüchtigkeit im Einsatz erbringen zu können, müssen wir weitere techno-ökonomische APV-Anwendungen vergleichen und größere Anlagen realisieren, beispielsweise in der Größenordnung von drei Megawatt. So sollen die unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten unter anderem in Kombination mit Obst-, Beeren-, Wein- und Hopfenbau sowie in Kombination mit Energiespeicher, organischer PV-Folie und solarer Wasseraufbereitung und –verteilung untersucht werden. Eine Zukunftsvision ist das »Swarm-farming«: kleinere, solar elektrifizierte Landmaschinen arbeiten automatisiert unter der APV-Anlage und ernten die Energie hierzu direkt vom Acker. Bereits heute gibt es Arbeitsmaschinen, die autonom Unkraut hacken oder mit Laser Kartoffelkäfer eliminieren – ganz ohne Chemie und Grundwasser- oder Bodenbelastung. So kann die Landwirtschaft nicht nur durch klimafreundliche Antriebe, sondern auch durch intelligente Technik nachhaltiger werden. Ein weiteres Forschungsfeld ist der Technologietransfer der APV in andere Klimazonen. Gerade in den (semi)ariden Schwellen- und Entwicklungsländern könnte die Technologie ihren Mehrfachnutzen ausspielen: sie liefert nicht nur Schatten für Nutzpflanzen und Tiere (was bereits den Wasserbedarf senkt), sondern auch den Strom für die Wassergewinnung und –aufbereitung. Damit kann dem Trend zur Wüstenbildung und zur Verschlechterung der Bodenqualität Einhalt geboten werden. Ein weiterer Zusatznutzen ist die dezentrale Erzeugung von Solarstrom in den oft netzfernen Dörfern: damit können die Menschen die landwirtschaftlichen Produkte weiterverarbeiten oder kühlen, bekommen Zugang zu Informationen, Bildung, besserer medizinischer Versorgung (Kühlung von Impfstoffen und Medikamenten, nächtliche Eingriffe) und können sich neue Einkommensquellen erschließen – ohne dass fruchtbare Böden der Nahrungsmittelproduktion entzogen werden.

In dem Sinne beraten wir das Projekt »AgroPV-Chile«, in dem das Fraunhofer Centro de Tecnologías para Energía Solar CSET Demonstrationsanlagen in drei verschiedenen Regionen rund Santiago de Chile errichtet hat. Ziel des Projekts ist es, das Zusammenspiel unterschiedlicher Ackerfrüchte und Klimaregionen zu testen. Wir unterstützen das Fraunhofer CSET hinsichtlich Bauvorbereitung, Kommunikation mit den Geldgebern, der Öffentlichkeit sowie der Entwicklung der Unterkonstruktion für die Module. Im November fliegen wir wieder nach Chile, um uns über den Projektfortschritt zu informieren.

Damit die Agrophotovoltaik auf dem Markt eine echte Chance hat, sind nicht nur weitere Forschung und Investitionen seitens der Industrie nötig, sondern auch eine für die erneuerbaren Energien typische politische Steuerung notwendig. Das Fraunhofer ISE und das Wuppertal Institut haben daher in einer gemeinsamen Stellungnahme mit Unterstützung der Universität Hohenheim vorgeschlagen, Agrophotovoltaik in Ausschreibungen in einer Testphase gesondert zu berücksichtigen.

Dann wird das Sprichwort in Zukunft heißen: Der schlauste Bauer erntet beides: Solarstrom und Kartoffeln.

Stephan Schindele

Stephan Schindele ist Diplom-Betriebswirt (FH) und promoviert über die Innovationsprozesse der Agrophotovoltaik und deren politische Begleitung. Er ist Projektleiter Agrophotovoltaik am Fraunhofer ISE.

Petra Högy

Prof. Dr. Petra Högy arbeitet an der Fakultät der Agrarwissenschaften der Universität Hohenheim in der Fachrichtung Pflanzenökologie und Ökotoxikologie. Sie beschäftigt sich unter anderem mit den Auswirkungen des Klimawandels auf Agrarökosysteme.

11 Kommentare

  • Ein tolles Projekt und ermutigende erste Zwischenergebnisse! Wir versuchen das APV Thema gerade in Südostasien voranzutreiben (Feasibility-Study im Auftrag von GreenID Vietnam: http://en.greenidvietnam.org.vn) und dabei von den internationalen Projektergebnissen zu lernen. Gibt es schon erste Überlegungen/Simulationen für tropische/subtropische Nutzpflanzen (welche sind „APV-tauglich“)? Und gibt es aus dem Projekt eine grobe Hausnummer bzgl. der CAPEX-Mehrkosten per MWp durch die Extra-Unterkonstruktion? Und welche Auswirkungen auf die O&M Kosten kann man ableiten (gleich hoch/höher als bei einer „normalen“ Freiflächenanlage)?

    • Spezielle Untersuchungen zum Schwerpunkt tropische und subtropische Nutzpflanzen stehen von unserer Seite her noch aus. Ist aber natürlich überaus relevant, wenn man bedenkt, dass in südlicheren Klimazonen das Potenzial von APV erst ganz zur Geltung kommen kann.
      Grobe Hausnummern von CAPEX und OPEX sind schwierig, da v.a. die CAPEX je nach Art der APV-Anwendung stark variieren. Grundsätzlich kann man aber davon ausgehen, dass die CAPEX bei den meisten APV-Anwendungen etwa zwischen 50% und 150% über denen von PV-FFA liegen, die OPEX fallen hingegen tendenziell niedriger aus.

      Max Trommsdorff, Team APV

  • Wichtiges Projekt und Ergebnisse für die Diskussion in Deutschland. Der Name sollte hinterfragt werden denn mit „Agro“ verbinden viele im Westen noch immer den Kampf gegen Monsanto&Co.

    Blicken wir in dem Kontext nach China kann man sehen wie „einfach machen“ geht: Hier entstehen Gigawattweise PV&Landwirtschaft in verschiedensten Ausprägungen und mit sehr einfachen Konstruktionen. Hier kann nun Know How Import stattfinden aus tausenden von Anlagen.

    Im Blog ist auch ein wenig hilfreicher Veergleich mit den Anbauflächen für Energiepflanzen- diese haben mit Photovoltaik nichts zu tun. Wenn 18% von 16,7 Mio. Hektar für Energiepflanzen genutzt werden sind das grob gerechnet 3 Mio. Hektar. Auf einen Hektar passt 1 MWp Photvoltaik- das wären dann 3 Mio. MW PV – mit 400 Gigawatt PV können wir im Mix mit Wind ganz Deutschland versorgen und das sind umgerechnet 400.000 MWp PV- also 12% des Wertes für Energiepflanzen. Das zeigt, dass Bioenergie ohne echten Verbund und als flexible Option weder von Kosten- noch der Ökologieseite sinnvoll betrieben werden kann. Ob 1-2% der Anbaufläche für PV, davon ein Teil noch als Kombi in diesem Kontext zuviel verlangt ist wage ich zu bezweifeln. Auch die hohen Pachten haben sich schon relativiert- und zwar massiv: Die Autoren mögen sich die aktuellen Ausschreibungsergebnisse und Pachten ansehen die in die Zukunft weißen. In den Rucksack der frühen Jahre zu schauen ist genauso irreführend wie der falsche Vergleich mit den Energiepflanzen.

    Anlagen die wir auf Gewerbegbieten betreiben wo intensive Landwirtschaft eine Zwischennutzung waren zeigen eine erstaunliche Veränderung von Fauna und Flora. Auch der Wasserhaushalt vor Ort hat gewonnen weil eben nicht Dünger und Gifte im Quadrat genutzt werden. Über 7 Jahre zeigt sich auch gut wie aus dem vollkommen überdüngten Boden langsam der Dünger rausgeht und die Pflanzen wieder normaler wachsen. Bin gespannt was wir neben Oasen für Wilschweine und Hasen noch so erleben mit unseren Zauneidechsen und Co.

    • Vielen Dank für Ihren anregenden Kommentar.

      Was den Namen angeht, hier sei zur Ergänzung der folgende Artikel empfohlen, der genau diese Frage diskutiert: https://www.pv-magazine.de/2017/10/23/agro-photovoltaik-ein-falscher-name-kann-viel-kaputt-machen/.
      Sie erwähnen Know-how-Import aus China. Die Anlagen in China wurden besichtigt, wobei Defizite in der Umsetzung des Konzepts beobachtet wurden, weshalb die Entwicklung dort zwar spannend ist, aber dafür so nicht herhalten kann.
      „Einfach machen“ klingt verlockend, ist jedoch in einer komplexen, heterogenen Gesellschaft wie der unseren nicht immer möglich. Wir leben in einem Land mit vielen Individualinteressen, die möglichst fair, effizient und nachhaltig kombiniert werden wollen. Dahingehend stimme ich Ihnen zu, dass es Sinn ergibt, EE im Verbund einzusetzen, um verschiedenen Anforderungen gerecht zu werden.
      Ähnlich verhält es sich mit der Energieproduktion. Hier sind die regionalen Gegebenheiten so unterschiedlich, und der Bedarf an erneuerbaren Energien so groß, dass es nahe liegt, in Einklang mit den lokalen Gegebenheiten auf verschiedene Energieträger zu setzen. Energiepflanzen stehen in direktem Konflikt zur Nahrungsmittelproduktion, was bei Agrophotovoltaik in stark verringertem Umfang der Fall ist. Wir rechnen damit, dass für das Erreichen der Klimaschutzziele in etwa eine Kapazität von 250 – 300 GWp Photovoltaik erforderlich ist (2017: 42 GWp). In einem Szenario, in dem jeder Landwirt eine Lizenz für die Bewirtschaftung von einem Hektar Agrophotovoltaik erhielte, müssten etwa 2,3% der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland mit Agrophotovoltaik ausgestattet werden, um dieses Ziel zu erreichen – dies zur Veranschaulichung der Größenordnung des Technologiepotenzials. Sicherlich ist die Abkehr von fossiler Energie ein Jahrhundertprojekt, bei dem viele Wege zum Ziel führen, und wir auch viele Wege beschreiten müssen.

      Mit freundlichen Grüßen aus Freiburg,
      Benedikt Klotz, Fraunhofer ISE

  • Gute Nachrichten zur Weiterentwicklung der PV auf landwirtschaftlichen Flächen. Im übrigen gibt es in Italien 3 Grossanlagen mit einer Kapazität von insgesamt 6,7 MW die seit 2011 in Betrieb sind. In diesem Jahr wurde dort zum ersten Mal Reis geerntet. In den Vorjahren war es hauptsächlich Weizen, Mais, etc….
    Die Energieproduktion ist um ca 45 % höher als bei herkömmlichen Grundanlagen. Eingebaut wurden klassische einseitige Polykristalline Module.

  • Die hier gezeigten Anlagen zählen zu den Aufwendigsten. Für den Fall, dass wegen Hitze oder zu intensiver Strahlung eine Teilbeschattung erforderlich ist OK.
    Ansonsten gibt sich eine viel einfachere Art der Doppelnutzung.
    * Die PV-Freifläche wird so gepflegt, dass sie selbst eine Ökofläche darstellt und keine Ausgleichsfläche verlangt. Z.B. Mähverbot mit Schlegelmäher, Mulchmäher, keine Pestizide, nur einmal im Jahr mähen um Verbuschung zu vermeiden…
    *Die Tische werden nicht nur mit zwei oder drei Modulreihen sondern mit fünf oder sechs Modulreihen bestückt. Dadurch erhöht sich der Reihenabstand wg. Winterverschattung auf über 12 m. Der Größere Abstand ermöglicht es ganz normale Landwirtschaft zu betreiben, Mähdrescher, Vollernter, alles hat ausreichend Platz und weil die Zwischenfläche in der Vegetation nicht beschattet ist, stellt sich dort normaler Ertrag ein, der ohne jegliche Einschränkung genutzt werden kann. Ferner sind die Modultische so hoch, dass sie z.B. als Lager, Trocknung etc genutzt werden können.
    *Auch Weidehaltung ist eine übliche und einfach umzusetzende Doppelnutzung.
    ..

  • Sehr spannend. Gibt es schon erste Erfahrungen, wie die Bewirtschaftung unter PV geht? sind die Ständer nicht sehr hinderlich?

  • Als Ökolandbauberater und Biolandwirt mit PV-Dachanlagen verfolge ich die Nachrichten zur Agrophotovoltaik bzw. Bio-PV bzw. „Sonnenfeldstrom“ (mein Vorschlag für ein griffiges, positiv besetztes Wording) mit größtem Interesse. Ich denke, es ist auf jeden Fall sinnvoll, auch in Deutschland weitere Pilotprojekte dazu zu starten und zu fördern. Aus meiner Sicht verspricht unter Kosten-Nutzen-Aspekten eine in weitgehender Handarbeit zu betreibende Intensivkultur-Beerenobstanlage mit Halbschatten verträglichen und wegen der Kirschessigfliege , komplett einnetzbaren Bio-Himbeeren mit Tröpfchenbewässerung eine hohe Wertschöpfung. Man braucht die PV-Module dann auch nicht so kostenaufwändig aufzuständrn, dass ein normaler Ackerschlepper und Mähdrescher durchfahren kann. So eine Anlage müsste sich auch problemlos mit einem oder zwei sommerlichen Durchgängen Mastgeflügel kombinieren lassen ….

    • Die Idee zum Wording ist Spitze, die weiteren Vorschläge ebenso. Wenn man dann die Aufständerung noch nachhaltig gestalten könnte, z.B. aus Bambus statt aus Stahl oder Aluminium, dann wäre ich sehr zufrieden.

      • Die verbauten 50 Tonnen Stahl sind ein Thema, keine Frage. Ob Bambus, der möglicherweise erst über weite Wege importiert werden müsste, tatsächlich eine nachhaltige Alternative darstellt, ist unklar. Allen voran angesichts einer wohl deutlich kürzeren Haltbarkeit. Klar hingegen ist, dass der ökologische Fußabdruck von Stahl aufgrund dessen guter Recyclefähigkeit nicht allzu sehr ins Gewicht fällt: Erste Abschätzungen haben ergeben, dass die CO2-Bilanz einer APV-Anlage nur zwischen 20 % und 40 % höher liegt als bei einer herkömmlichen PV-Freiflächenanlage.

        Das APV-Projektteam

Stephan Schindele

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