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Fraunhofer CSET

Fraunhofer CSET: Forschung für die Energiewende in Chile – Teil 2

Im Februar 2018 wurde das CSET von Frank Dinter als geschäftsführendem Direktor übernommen und weiterentwickelt. Das CSET hat zwei große Forschungslinien: Photovoltaiksysteme (PV) und solarthermische Systeme (ST). Bei der PV liegt der Schwerpunkt auf der Optimierung bestehender Technologien und Produkten an lokale Bedingungen. Im solarthermischen Bereich wird sowohl an ST zur Stromerzeugung mit konzentrierter Solarenergie (CSP) als auch an Solarwärme für industrielle Prozesse (SHIP) gearbeitet. Als mittelfristige Strategie haben wir uns zum Ziel gesetzt, zu wachsen und ein etabliertes Forschungs- und Beratungsinstitut für Solarenergie in Südamerika zu werden.

CSET Team
Das Team des Fraunhofer CSET vor dem modernen Angelini Innovation Center.

 

Projekte

Um einen Einblick in die Forschungsaktivitäten des CSET zu geben, stellen wir im Folgenden einige unserer Projekte vor.

AtaMoS-TeC

Eines unserer laufenden Projekte ist das AtaMoS-Tec (Atacama Module and System Technology Center), welches sich zum Ziel gesetzt hat, eine Photovoltaik-Technologie zu entwickeln, die an die außergewöhnlichen Bedingungen der Atacama Wüste angepasst ist. Zu den Bedingungen gehören unter anderem eine hohe durchschnittliche UV-Strahlung, ein trockenes Klima, hohe Temperaturgradienten, Korrosion, starke Winde und eine hohe Salzkonzentration und Verschmutzung der Module. Das Projekt ist für einen Zeitraum von sechs Jahren angesetzt und wird mit ca. 8,5 Millionen USD von Corfo und anderen Unternehmen finanziert. Als Co-Executor dieses Projektes arbeitet CSET mit der CEA INES aus Frankreich, der ISC Konstanz aus Deutschland, SERC Chile und der Universität Antofagasta zusammen. CSET ist für die Leistungs- und Qualitätsbewertung in diesem Projekt verantwortlich. Ziel des Projektes soll die Einführung eines Wüstenmodul-Labels sein, das einen hohen Qualitätsstandard gewährleistet. Ein Unterauftrag des Konsortiums an das Fraunhofer ISE ist vorgesehen.

Agrophotovoltaik (APV)

Beim Zubau von Photovoltaikanalagen besteht der Konflikt der Flächennutzung zwischen Stromerzeugung und Landwirtschaft. Das Agrophotovoltaik (APV)-Projekt wirkt diesem Konflikt entgegen, indem die zur Verfügung stehende Fläche sowohl zur landwirtschaftlichen Nutzung als auch zur Stromerzeugung durch Photovoltaikanalagen genutzt werden kann. Durch die Doppelnutzung des Bodens kann eine Flächeneffizienzsteigerung von 60 Prozent erreicht werden. Fraunhofer Chile hat drei APV-Pilotprojekte in der Nähe von Santiago installiert. Diese Demonstrationsprojekte ermöglichen es dem Landwirt zusätzliche Einkünfte durch den Stromverkauf zu erwirtschaften oder den erzeugten Strom selbst zu nutzen.

Zur Erfassung der meteorologischen und produktionstechnischen Größen des Projektes sind zwei Messstationen installiert worden. Eine ist als Referenzstation in der Sonne außerhalb der Pilotanlage platziert worden, die andere unter den PV-Modulen, um die Temperatur, die relative Luftfeuchtigkeit, den Luftdruck, die Bodentemperatur und -feuchtigkeit und die globale horizontale und geneigte Sonneneinstrahlung zu messen. Diese Daten werden gespeichert und per Fernübertragung an den Fraunhofer-Server weitergeleitet und analysiert. Durch die Module entsteht ein intermittierender Schatten auf die Nutzpflanzen der Anbaufläche. Es gilt zu untersuchen, welche positiven oder negativen Auswirkung die Verschattung auf verschiedene Pflanzen hat. Optimal für den Einsatz von APV sind Pflanzen, die empfindlich auf zu viel Sonneneinstrahlung reagieren und durch die Verschattung unter Umständen sogar besser gedeihen. Auf den Pilotfeldern werden unter anderem Brokkoli, Blumenkohl, Kräuter, Salat und Spinat angebaut. In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Research Chile Zentrum für Biotechnologie (CSB) sollen Fallstudien zur Entwicklung von verschiedenen Arten von Nutzpflanzen, die in Kombination mit PV-Anlagen wachsen, erstellt werden und in eine Datenbank aufgenommen werden. Diese soll genutzt werden, um eine Partnerschaft mit Solarinstallateuren aufzubauen und APV zu etablieren.

Spiegelreflexionsmessungen Enerbosch

Ein weiteres aktuelles CSET-Forschungsprojekt ist die Spiegelreflexionsmessung für Enerbosch, ein chilenisches Unternehmen, welches ein CSP Kraftwerk mit einem Solarturm entwickelt. Die Aufgabe ist es, Solarspiegelproben von sechs verschiedenen Lieferanten hinsichtlich ihres Reflexionsvermögens zu bewerten und die beste Probe zu bestimmen. Die Ansammlung von Staub mindert die Reflexionsfähigkeit der Spiegel durch Absorption und Streuung der Sonnenstrahlen und hat somit direkten Einfluss auf den Wirkungsgrad und auf die Leistung der gesamten Anlage. Ausrichtung und Neigung der Sonnenkollektoren spielen eine große Rolle bei der Staubansammlung.

CODESSER

Im Auftrag von Codesser, Gesellschaft für soziale Entwicklung des ländlichen Sektors, führt CSET das Projekt „Feldmessungen für den Solartechnologiebezirk Diego de Almagro“ durch. Es umfasst die Planung, Installation, Überwachung und Analyse einer meteorologischen Variablenmessstation, einer Photovoltaik-Vergleichsstation und einer Verschmutzungsanalysestation.

Um die Sonnenressourcen und meteorologischen Faktoren zu messen, wurden Pyranometer und zusätzliche Klimasensoren zur Messung der globalen und diffusen Strahlung, der Temperatur, des Niederschlags, der relativen Luftfeuchtigkeit und des Luftdrucks sowie der Windgeschwindigkeit und –richtung installiert.

Um die Leistung der vier installierten Photovoltaik-Technologien (monokristallin, polykristallin, Dünnschicht und bifazial) zu messen, wurde ein einminütiges, auflösendes Stromspannungs-Kurvenmesssystem implementiert, womit die Performance Ratio (PR) ermittelt werden kann.

Für Verschmutzungsmessungen wurden jeweils ein sauberes und ein von den Umgebungsfaktoren zunehmend verschmutztes Photovoltaikmodul verglichen. Damit die Auswirkung von Verschmutzung auf die Stromerzeugung aufgezeigt werden können, werden die elektrischen Daten von Kurzschlussstrom (Isc) und maximaler Ausgangsleistung (Pmpp) gemessen und nach der Methodik von M. Gostein die Soiling Ratio berechnet.

Service

In Chile beträgt die installierte Leistung von Photovoltaikanlagen zurzeit rund 2.100 MW, Tendenz steigend. Damit die Anlagen auch nach dem Bau einwandfrei funktionieren, bedarf es regelmäßiger Wartungsarbeiten und kontinuierlichem Monitoring. Da es in Chile bisher nur wenige Unternehmen gibt, die diese Serviceleistungen anbieten, wird CSET erweiterte Serviceleistungen für große Photovoltaikparks ausführen. Schon jetzt hat CSET die Kompetenz, Elektrolumineszenzprüfungen durchzuführen, die Performance Ratio der Anlagen zu bestimmen, die Anlage fern zu überwachen und Stromspannungskurven zu erstellen. Außerdem kann der Verschmutzungsstatus einer Anlage analysiert werden. Weiterhin werden Prüfungen der unterschiedlichen Anlagenkomponenten und Analysen des internen AC-Netzes durchgeführt. In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer ISE möchte das CSET weitere Serviceleistungen anbieten, um die Expertenrolle auf diesem Gebiet im chilenischen Markt weiter auszubauen.

Herausforderungen für die Mitarbeiter

Um die Projekte von CSET erfolgreich realisieren zu können, müssen unsere Mitarbeiter einige Herausforderungen bewältigen. Sie sind selbst zuständig für die Akquise von Projekten, das heißt erst einmal, das Problem des Kunden zu erkennen und zu verstehen, dann die passende Lösung dafür zu finden und dem Kunden „schmackhaft“ zu machen. Da die chilenischen Kunden innovativen und forschungsbasierten Technologien eher konservativ gegenüber stehen, ist eine weitere Herausforderung, den Kunden davon zu überzeugen, dass die vorgeschlagene Lösung erfolgversprechend ist und ein hohes Einsparpotenzial bietet. Viele wollen trotzdem lieber so weiter machen wie bisher. Daher muss generell noch viel Pionierarbeit geleistet werden, um die erneuerbaren Energien in Chile erfolgreich zu etablieren.

Zu Teil 1 des Beitrags zum Fraunhofer CSET:
Fraunhofer CSET: Forschung für die Energiewende in Chile – Teil 1

Frank Dinter

Frank Dinter leitet seit Anfang 2018 das Center für Solar Energie der Fraunhofer Chile Research Foundation.

Das Center wurde 2015 ins Leben gerufen und forscht anwendungsnah im Bereich Sonnenenergie in Chile.

Marlene Steppeler

Marlene Steppeler studiert im Bachelorprogramm »Erneuerbare Energien« an der Technischen Hochschule in Köln.

Sie ist derzeit Praktikantin am Fraunhofer Center for Solar Energy Technologies CSET im Bereich Photovoltaiksysteme. Das Fraunhofer CSET wurde 2015 ins Leben gerufen und forscht anwendungsnah im Bereich Sonnenenergie in Chile.

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Marlene Steppeler

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