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Beschichtungen für eine nachhaltige Energiezukunft – #Zukunftsenergie MorphoColor®

Das Wissenschaftsjahr 2025 – Zukunftsenergie des Bundesministeriums für Bildung, Forschung, Technologie und Raumfahrt widmet sich den Lösungen und Ideen der Energieforschung. Für uns am größten Forschungsinstitut für Solarenergie in Europa gehört das seit 1981 zu unserer DNA. Deshalb haben wir unsere Kolleginnen und Kollegen gefragt, welche #Zukunftsenergie eine besondere Rolle in ihrem Arbeitsalltag spielt. In dieser Blogserie stellen wir unsere Forschenden, ihre Projekte und ihren persönlichen Blick auf Energie und die Energiewende vor.

Sophie Gledhill ist Forscherin bei uns am ISE und entwickelt, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Forschungsgruppe Beschichtungen – Technologie und Systeme, Dünnschichtbeschichtungen für verschiedene Anwendungen. Die Beschichtungen werden sowohl aus funktionalen als auch aus ästhetischen Gründen auf Oberflächen aufgebracht. So können etwa Oberflächen so gestaltet werden, dass sie eine Vielzahl von Eigenschaften aufweisen, z. B. korrosionsbeständiger sind oder die Leitfähigkeit und die spektralen Eigenschaften bestimmter Komponenten, etwa für Solarmodule, steuern.


Sophie Gledhill

Dr. Sophie Gledhill
Senior Scientist am Fraunhofer ISE


Für welche Zukunftstechnologie kannst du dich begeistern? Warum?

Die meisten Menschen am Fraunhofer ISE kennen die MorphoColor®-Technologie, die es ermöglicht, farbige Solarmodule mit sehr geringen Effizienzverlusten herzustellen. Seit die Technologie auf dem Markt ist, wird MorphoColor® aber auch zunehmend im Außenraum wahrgenommen. Besonders gefreut habe ich mich über die Nachricht, dass der FC St. Pauli die MorphoColor®-Technologie genutzt hat, um eine großflächige Solaranlage in den Regenbogenfarben sowie der Form einer Pride-Flagge auf seinem Stadiondach zu installieren.

Ein weiteres wichtiges Produkt, das wir in der Vergangenheit zur Marktreife entwickelt haben, ist die funktransparente Isolierverglasungstechnologie. Moderne Fassaden verwenden doppelte und dreifache Isolierverglasungen mit Low-E- oder Sonnenschutzschichten, die die Wärmedämmung verbessern, aber auch Radiowellen reflektieren, was zu schlechtem Handyempfang führt. In unserem Forschungsprojekt »Funk-Transparentes Isolierglas« wurde gezeigt, dass durch die Segmentierung der Low-E-Schichten die Übertragung von Radiosignalen erheblich erhöht werden kann, ohne die thermischen Isolationseigenschaften zu beeinträchtigen.

Neue Beschichtungstechnologien wie diese testen wir in unserem Zentrum für funktionale Oberflächen mit mehreren Sputter-Beschichtungsanlagen. Mit der größten können sogar Substrate von fast sechs Meter Länge beschichtet werden.

 

Die Strukturierung auf der Low-E-Beschichtung für das funktransparente Isolierglas.
Die Strukturierung auf der Low-E-Beschichtung für das funktransparente Isolierglas. © Fraunhofer ISE

Du bist Leiterin des Forschungsprojekts »SMARTLINE-PV«. Welchen Beitrag leistet das Projekt im Hinblick auf Zukunftsenergien?

Das SMARTLINE PV-Projekt ist ein von der Europäischen Union gefördertes Projekt, das sich darauf konzentriert, die MorphoColor®-Technologie auf flexiblen Substraten zu verwenden und sie in Verbindung mit Perowskit-Solarzellen einzusetzen. Unser Fokus liegt dabei auf leichten, flexiblen und farbigen Solarmodulen, die nicht nur in gebäudeintegrierten Anwendungen, sondern auch in der fahrzeugintegrierten Photovoltaik Potenzial haben.
Einzigartig an diesem Projekt ist, dass der gesputterte Dünnschicht-Optikfilter des MorphoColor®, der eine selektive Reflektion in den Wellenlängen für eine bestimmte Farbe erzeugt, optisch an eine Perowskit-Solarzelle angepasst wird. Darüber hinaus wird er auch als Frontkontakt der Solarzelle integriert. Das bedeutet, dass der MorphoColor®-Dünnschichtaufbau aus transparenten, leitfähigen dielektrischen Materialien besteht oder zumindest teilweise aus solchen besteht – ganz im Gegensatz zur Standardversion, die isolierende Keramiken verwendet.

Sophie Gledhill an der Schleuse der vertikalen Inline-Plasma-Pilotanlage
Sophie Gledhill an der Schleuse der vertikalen Inline-Plasma-Pilotanlage. © Fraunhofer ISE

 Warum hast du dich für die Energieforschung entschieden?

Wie die meisten Menschen am Fraunhofer ISE, weil ich Forschung und Entwicklung in einem Bereich betreiben wollte, der einen positiven Einfluss auf die Umwelt hat. 1998 hatte ich einen Abschluss in Materialwissenschaften und die Chance, einen Job im Bereich Hochtemperatur-Supraleiter anzunehmen. Dabei handelt es sich um keramisches Material, das bei Temperaturen über dem Siedepunkt von flüssigem Stickstoff keinen Widerstand aufweist – damals ein »heißes« Thema in der Materialwissenschaft. Alternativ hatte ich die Möglichkeit, ein Promotionsstudium an der Universität Oxford in Dünnschicht-Photovoltaik zu beginnen. Als ich mich für die Solarzellen-Option entschied, murmelte der Arbeitgeber der Supraleiter, dass die Forschung zur Photovoltaik »der Suche nach dem Heiligen Gral« gleiche… aber im Nachhinein bin ich froh zu sehen, dass er sehr falsch lag. Photovoltaik ist ein wachsender Markt, während Hochtemperatur-Supraleiter weiterhin vielen wirtschaftlichen und technologischen Hürden gegenüberstehen.

Plasma, das aus einer Zwillingsrohr-Magnetron-Sputterkathode gebildet wird.
Plasma, das aus einer Zwillingsrohr-Magnetron-Sputterkathode gebildet wird. © Fraunhofer ISE / Foto: Josef Steinhart

Welche Fake News zur Energiewende ärgert dich am meisten? Welchen wissenschaftlichen Fakt zur Energiewende sollte jeder/jede kennen? 

Besonders ärgern mich die massiven Fehlinformationen, die laut den Vereinten Nationen von verschiedenen Akteuren in gezielten Desinformationskampagnen über den Klimawandel gestreut wurden, um die Einführung erneuerbarer Energien und die Verabschiedung von einer kohlenstoffintensiven Wirtschaft zu verlangsamen. Insbesondere, da diese die Wahrnehmung vieler politischer Beobachter, dass die Klimapolitik von einer breiten Masse abgelehnt werde, erst hervorgerufen haben. Wie in der Peoples’ Climate Vote, einer Umfrage des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) und der Universität Oxford ermittelt wurde, spiegelt diese Ansicht aber nicht die Realität der öffentlichen Meinung wider. Vielmehr gaben bei der Peoples’ Climate Vote im Jahr 2024 80 % der global befragten Teilnehmenden an, dass die Regierungen ihre Position zum Klimawandel stärken sollten.

Was gibt dir persönlich Energie?

Ich arbeite gerne mit unseren Studierenden – da sie oft einen frischen Blick auf die Dinge und gute Ideen haben. Eine morgendliche Schwimmrunde im Seepark hilft ebenfalls.

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