Seit 2014 bietet das Fraunhofer ISE mit den Energy Charts (www.energy-charts.de) ein Portal zur Visualisierung aktueller Energiedaten. Mit wenigen Klicks kann man sich dort, in anschaulichen Diagrammen, etwa über den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in Deutschland informieren. Prof. Bruno Burger ist Ideengeber und Entwickler der Energy Charts, mit ihm haben wir uns über das Projekt und die neueste Weiterentwicklung unterhalten.
Innovation4E:
Herr Burger, die Energy Charts sind jetzt im dritten Jahr. Können Sie uns einen kleinen Rückblick auf die Entwicklung und die Resonanz dieses ja einmaligen Portals geben?
Prof. Burger:
Wir haben die Energy Charts am 01. Juli 2014 online gestellt und kontinuierlich ausgebaut. Anfangs gab es nur Diagramme zur erzeugten Leistung, den Energiearten und Börsenstrompreisen. Später kamen die installierten Leistungen, Import und Export, Außenhandelsbilanz, Kuchendiagramme und die blockscharfe Erzeugung dazu. Wir bekommen sehr viele positive Rückmeldungen zu den Energy Charts.
Die Zugriffszahlen sind kontinuierlich gestiegen. In 2016 hatten wir über 400.000 Besucher und über eine Million Seitenzugriffe.
Sie weisen immer wieder mit Statements auf interessante Phänomene hin, die sich aus den in den Energy Charts dargestellten Stromgewinnungs- und kapazitätsdaten ergeben. Können Sie uns ein Beispiel aus der jüngeren Zeit nennen, vielleicht den Jahresrückblick auf 2016?
Schon seit 2012 haben wir jedes Jahr neue Rekorde beim Stromexport. In 2016 waren es im Saldo über 50 TWh. Das entspricht der jährlichen Stromerzeugung von fünf Kernkraftwerken. Solar- und Windenergie haben trotz eines Zubaus an installierter Leistung weniger Strom als in 2015 produziert. Das lag hauptsächlich an den Wetterbedingungen. Wichtig sind auch noch die Börsenstrompreise. Sie fallen seit 2011 kontinuierlich und lagen 2016 bei 28,57 €/MWh oder 2,86 Cent/kWh.
Welches sind die wichtigsten Zielgruppen, die Sie mit den Energy Charts ansprechen bzw. die auch aktiv bei Ihnen recherchieren?
Die Energy Charts werden von vielen verschiedenen Gruppen benutzt. Welche das genau sind, kann man gar nicht sagen, da wir die Benutzer nicht tracken. Viele Anfragen zu den Daten oder Grafiken kommen von Studenten, Doktoranden sowie von Politikern und der Presse. Über Twitter veröffentlichen wir aktuelle Diagramme, damit nicht jeder jeden Tag in den Energy Charts nachschauen muss, ob es etwas Neues oder Spannendes gibt. Dort haben wir Follower aus vielen verschiedenen Gruppen: Journalisten, Politiker, Umweltgruppen und –verbände, Energieversorger, Stadtwerke, Forschungsinstitute, Universitäten und viele mehr.
Nun haben die Energy Charts ein neues Feature bekommen. Eine Landkarte, die die großen deutschen Kraftwerke zeigt. Um welche Kraftwerkstypen handelt es sich?
Auf der Kraftwerkskarte sind alle 380 Kraftwerke abgebildet, die bei der Leipziger Strombörse EEX gelistet sind. Folgende Typen können in der Legende ausgewählt werden: Kernenergie, Braunkohle, Steinkohle, Gas, Wasser, Biomasse, Wind und Pumpspeicher.
Welche Informationen kann man aus der neuen Darstellung gewinnen?
Wenn man das Symbol eines Kraftwerks anklickt, werden dessen technische Daten angezeigt: Name und Nummer des Kraftwerks, Energiequelle, Leistung, Datum der Inbetriebnahme und die Betreiberfirma. Die Kraftwerkskarte ist mit den Energy Charts verknüpft, so dass man mit einem Mausklick direkt die Stundenwerte der Erzeugung eines Kraftwerks bekommt.
Die neue Recherche-Möglichkeit entstand in Kooperation mit der Universität Stuttgart. Worin besteht die Zusammenarbeit?
Die neue Kraftwerkskarte entstand im Rahmen einer Masterarbeit, die von Prof. Weiskopf und seinen Mitarbeitern von Visualisierungsinstitut der Universität Stuttgart (VISUS) betreut wurde. Das Know-How im Bereich der Informatik und der Visualisierung, sowie viele Ideen wie z.B. eine tabellarische Vergleichsmöglichkeit für die Kraftwerke kamen dabei vom Lehrstuhl aus Stuttgart.
Welches sind die nächsten Projekte/Ziele, die Sie am Fraunhofer ISE mit den Energy Charts verfolgen?
Wir wollen die Energy Charts konsequent weiter ausbauen und damit auch ihren technischen Vorsprung in Zukunft behaupten. Dazu werden wir weitere Grafiken und Auswertungsmöglichkeiten entwickeln. Parallel dazu wollen wir die Bedienung vereinfachen, den Export der Grafiken erleichtern und die Kompatibilität zu verschiedenen Browsern und Endgeräten wie Mobiltelefonen, Tablets und Arbeitsplatzrechnern erhöhen.
Das eigentliche Ziel der Energy Charts ist es, für die Diskussionen rund um die Energiewende eine solide Datenbasis bereitzustellen. Wir wollen damit die Diskussionen versachlichen und insbesondere auch den aktuellen Stand und die Erfolge der Energiewende dokumentieren.
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