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Barcamp Renewables 2018

Barcamp Renewables 2018: Du bist die Konferenz!

Bereits zum siebten Mal fand am 18. und 19. Oktober 2018 das Barcamp Renewables in Kassel statt. Die etwa 150 Teilnehmenden nutzten die Veranstaltung mit dem Fokus Erneuerbare Energien zum Austausch, Vernetzen und Diskutieren.

Eine Podiumsdiskussion mit dem Titel »Sektorenkopplung – der Schlüssel zur Energiewende?« eröffnete das diesjährige Barcamp. Auf dem Podium saßen Janice Goodenough von Hydro Grid, Felix Goldbach von Fenecon, Jasmin Wagner von EnergieAgentur.NRW und Dr.-Ing. Jürgen Reinert von SMA. Die Energiebloggerin Cornelia Daniel moderierte die Diskussion. Der Abend machte deutlich: Über das angestrebte Ziel, das Gelingen der Energiewende, besteht Einigkeit. Zur Art und Weise, wie dieses Ziel technisch, ökonomisch und ökologisch sinnvoll erreicht werden kann, gibt es durchaus kontroverse Meinungen im Auditorium. Beste Voraussetzungen für vielfältigen Input zur Planung der Sessions am Folgetag in der SMA Solar Academy. Damit wäre auch schon das Besondere an der Veranstaltungsform »Barcamp« erwähnt: Hier stehen nicht, wie bei den meisten Konferenzen, Themen und Referenten bereits im Vorfeld fest, sondern werden erst zu Beginn der Veranstaltung von den Teilnehmenden festgelegt. Somit kann jede(r) ein Thema für eine 45-minütige Session einbringen und in wenigen Sätzen vorstellen, und das Plenum gibt per Handzeichen vorhandenes Interesse an. So werden die zur Verfügung stehenden Timeslots nach und nach mit breitgefächerten Inhalten gefüllt. Das Themenangebot reichte in diesem Jahr von der energieeffizienten Modernisierung von Gebäuden über einen Selbstbau-Workshop für Kleinwindräder bis zum digitalen Transaktionsmanagement für Energieprojekte. Die Sessions sind dabei ausdrücklich nicht als Frontalvortrag gedacht, sondern setzen auf die Beteiligung aller Teilnehmenden. Somit ist jede Session gleichzeitig Projektvorstellung, offene Diskussionsrunde und kreativer Ideenaustausch.

Ein Ort in Nordfriesland als Vorbild für eine gelungene Energiewende

Christian Andresen hat in seinem Wohnort Sprakebüll in Nordfriesland sowohl einen Bürgerwindpark als auch einen Solarpark mit Bürgerbeteiligung initiiert. Zuletzt wurde auch eine Wärmeversorgung für das Dorf, basierend auf Abwärme, in Betrieb genommen. Unzufriedenheit herrschte allerdings darüber, dass die örtlichen Windräder – trotz reichlich vorhandenen Winds – regelmäßig stehenblieben. Grund dafür laut Netzbetreiber: Zuviel Strom in den Leitungen und damit kein Platz mehr für den Bürgerwind aus Sprakebüll. Nach dem Motto »Was uns bewegt, treibt uns an« nutzt die Gemeinde seitdem den lokal produzierten Strom einfach selbst und betreibt damit eine E-Ladesäule inklusive Carsharing für die Ortsbewohner. Inzwischen gibt es in der Kommune mit 240 Einwohnern bereits 20 elektrisch betriebene Autos, damit ist Sprakebüll das Dorf mit der höchsten E-Mobilitätsdichte Deutschlands. Andresen möchte aber noch einen Schritt weitergehen und zeigen, dass es in auch landwirtschaftlichen Betrieben möglich ist, auf umweltfreundliche Antriebe zu setzen. So soll der Fuhrpark des familieneigenen Hofes modernisiert werden: weg von Diesel, hin zum E-Traktor – selbstverständlich versorgt mit dem Strom aus Sonne und Wind direkt vor Ort.

Keine Energiewende ohne Cybersecurity

Marek Seeger schilderte die Herausforderungen, denen sich Hersteller und Nutzer im Energiesektor hinsichtlich der IT-Sicherheit gegenüberstehen. Immer mehr Geräte verfügen über Internetkonnektivität und sind damit auch potenziellen Angriffen ausgesetzt. Die Hersteller hätten in den letzten Jahren viel dazugelernt und im Allgemeinen seien heutige Produkte wesentlich sicherer als noch vor wenigen Jahren. Dennoch bleibt IT-Sicherheit ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Herstellern und Angreifern. Die dezentrale Struktur erneuerbarer Energieträger sieht Marek aber als Vorteil gegenüber dem bisherigen Energiesystem. In einem zentralen Energiesystem genügt es bereits, einen einzelnen Netzknoten oder Versorger anzugreifen, um großflächigen Schaden anzurichten, während im dezentralen System die Vielzahl unterschiedlicher Geräte und Netztopologien einen effektiven Angriff ungleich schwieriger und komplexer machen.

SolarCoin – Cryptowährung als Anreiz für Solarproduzenten

Nick Gogerty hat sich gefragt, wie man die globale Energiewende jenseits technischer und politischer Rahmenbedingungen beschleunigen kann. Seine Antwort darauf lautet: Geld, oder genauer gesagt, eine Währung. Seine Idee: Für jede produzierte Megawattstunde (MWh) erhalten Besitzer einer PV-Anlage genau einen SolarCoin (SLR) als Belohnung. Und das zusätzlich zu vorhandenen Vergütungen wie Einspeisetarifen oder staatlichen Förderungen. Ähnlich wie beim Bitcoin basiert die Technologie hinter dem SolarCoin auf einer Blockchain, der hier eingesetzte Algorithmus soll allerdings 10.000 mal effizienter und damit weniger energiehungrig sein als beim bekannten Bruder. Jeder geerntete SolarCoin landet in der sogenannten »Wallet«, einer digitalen Geldbörse des Anlagenbesitzers, und kann direkt als Zahlungsmittel in teilnehmenden Shops benutzt werden oder jederzeit in eine beliebige andere Währung eingetauscht werden. Gogertys Ziel ist es, bis ins Jahr 2050 etwa 98 Milliarden SLR auszugeben oder anders ausgedrückt: Bis 2050 sollen weltweit rund 98 Milliarden MWh an Solarstrom produziert werden.

Massentauglichkeit der Energieeffizienz: Welche Rolle kann die Elektromobilität spielen?

Detlef Beister stellte die Frage zur Diskussion, inwieweit die Nutzung neuer Technologien, insbesondere der Elektromobilität, das Nutzerverhalten verändert und welche neuen Marktchancen sich daraus ergeben. Waren die Berührungspunkte eines Kunden mit den Themen Strom und Energieeffizienz in der Vergangenheit auf wenige Momente im Jahr beschränkt – nämlich, wenn die Stromrechnung zu bezahlen war oder etwa die Anschaffung eines neuen Kühlschranks anstand – erzwingen neue Technologien die Auseinandersetzung mit dem Thema Energieeffizienz viel häufiger. Nutzer eines Elektroautos können beispielsweise nach jeder Fahrt direkt sehen, wieviel elektrische Energie für die Fahrt benötigt wurde, und damit auch ihr eigenes Mobilitätsverhalten hinterfragen. Diskussionsteilnehmer berichteten von eigenen praktischen Erfahrungen in diesem Bereich. Dieses neue Bewusstsein für Energieeffizienz bietet auch Chancen für neue Dienstleistungsangebote und Anwendungen, wie z.B. Apps zur Überwachung der eigenen Energienutzung oder Optimierung von Steuerungen im Smart Home Bereich.

An den hier kurz angerissenen Sessions wird deutlich: Auf dem Barcamp Renewables werden große, globale Ideen ebenso gedacht wie kleine, lokale Umsetzungsbeispiele. Das offene Format der Veranstaltung führt dazu, dass ein breiter Mix aktueller Themen behandelt wird. Die Teilnehmenden können sich mit eigenen Themen und mit Wortbeiträgen während der Sessions einbringen. Sie sind keine Konferenzbesucher, sie sind die Konferenz.

Barcamp Renewables

Das Barcamp Renewables ist eine Kooperationsveranstaltung von den Energiebloggern, dem deENet Kompetenznetzwerk dezentrale Energietechnologien e.V. und der SMA Solar Technology AG und findet seit 2012 jährlich statt.
Innovation4E ist seit 2017 Teil der Energieblogger und möchte damit die Kommunikation zu Themen rund um die Energiewende mit wissenschaftlicher Expertise aus der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE anreichern.

Michael Zentgraf

Michael Zentgraf arbeitet am Fraunhofer ISE als Web-Redakteur, Content- und Social Media-Manager.

Im Redaktionsteam von Innovation4E ist er verantwortlich für... Content-Management, SEO, WordPress-Administration.

Bloggt für Innovation4E, weil... wir unseren Besucherinnen und Besuchern damit neue, unmittelbare Einblicke in die Forschungsarbeit rund um die Energiewende bieten können.

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Michael Zentgraf

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