Das Wissenschaftsjahr 2025 – Zukunftsenergie des Bundesministeriums für Bildung, Forschung, Technologie und Raumfahrt widmet sich den Lösungen und Ideen der Energieforschung. Für uns, an einem der größten Forschungsinstitute für Solarenergie, gehört das seit 1981 zu unserer DNA. Deshalb haben wir unsere Kolleginnen und Kollegen gefragt, welche #Zukunftsenergie eine besondere Rolle in ihrem Arbeitsalltag spielt. In dieser Blogserie stellen wir unsere Forschenden, ihre Projekte und ihren persönlichen Blick auf Energie und die Energiewende vor.
Lisa Bunge ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer ISE und forscht zum Thema Biodiversität auf PV-Flächen. Ihr Ziel ist es, den Naturschutz mit dem Photovoltaik-Ausbau in Einklang zu bringen. Gemeinsam mit weiteren Forschenden entwickelt Lisa sogenannte »Biodiversitäts-Photovoltaik«-Ansätze (kurz »Biodiv-PV«), Strategien und Konzepte, um Flächen, die für Photovoltaikanlagen genutzt werden sollen, naturverträglich zu gestalten und zu managen.
Für welche Zukunftstechnologie kannst du dich begeistern? Warum?
Meine Vision besteht darin, Strategien zu entwickeln, mit deren Hilfe die PV-Freiflächenanlagen so gestaltet werden können, dass sie die lokale Artenvielfalt fördern. Da jedes PV-Anlagenprojekt einzigartig ist, existiert keine universelle Biodiv-PV-Lösung. Jedoch kann ein flexibles Konzept, eine Art Rezept, erarbeitet werden, dass die Planung und Umsetzung vereinfacht, auch wenn man, z. B. als Projektierer oder planende Kommune, keine ökologische Expertise hat.
Meine Utopie ist es, Konzepte zur Renaturierung von beschädigten Flächen, z.B. ehemaligen Deponien oder Militärgeländen, mit PV zu entwickeln. Die Stromerzeugung durch PV könnte als Anreiz für ökologische Aufwertungsmaßnahmen dienen. Mit Biodiv-PV könnten solche geschädigten Flächen renaturiert werden, die sonst aufgrund der damit verbundenen Investitionskosten ohne zu erwartenden finanziellen Rückfluss ungern angegangen würden. Eine PV-Anlage jedoch generiert Strom, der finanziellen Ertrag bringt.

Lisa Bunge
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer ISE
Du arbeitest aktuell mit im Forschungsprojekt »AgriBioDiv-PV«. Welchen Beitrag leistet das Projekt im Hinblick auf Zukunftsenergien?
Hauptziel des Projekts ist die naturwissenschaftliche Erforschung und Beurteilung der Auswirkungen von Agri-PV-Anlagen auf Flora, Fauna und das Landschaftsbild. Bisher wurden solche Effekte noch nicht systematisch und über längere Zeit erforscht. Deshalb werden über einen Zeitraum von drei Jahren sechs verschiedene Agri-PV-Anlagen in Deutschland hinsichtlich unterschiedlicher Artengruppen wie Avifauna, Tagfalter, Wildbienen, Heuschrecken, Laufkäfer, Klein- und Mittelsäuger sowie der Vegetation untersucht. Auch erforschen wir Möglichkeiten zur ökologischen Aufwertung von Agri-PV-Flächen. Somit wollen wir Erkenntnisse für den naturschutzfachlich optimierten Anbau und Bewirtschaftungsformen sowie ergänzende ökologische Maßnahmen gewinnen. Am ISE sind wir vorrangig für das Monitoring des Mikroklimas auf den Agri-PV-Flächen sowie für die wirtschaftliche Analyse von Agri-PV-Modellen mit ökologischen Aufwertungsmaßnahmen zuständig. Die Gesamtleitung des Projekts liegt bei der Technischen Universität Dresden, gefördert wird »AgriBioDiv-PV«, vom Bundesamt für Naturschutz.

Warum hast du dich für die Energieforschung entschieden?
Bevor ich mein Studium begann, schwankte ich zwischen Ingenieurwesen für erneuerbare Energien und Umweltwissenschaften. Mein Ziel war aber klar: Ich wollte zum Umwelt- und Naturschutz beitragen. Da meine Leidenschaft für Physik stärker war, entschied ich mich für das Studium »Erneuerbare Energien« an der Universität Évora in Portugal. Während meines Masters hatte ich die Gelegenheit, beim Renewable Energy Chair der Uni mitzuwirken. Hier setzte ich mich erstmals mit Agri-PV und Naturschutzkonzepten für PV-Flächen auseinander – meine erste Forschungserfahrung. Obwohl Forschung herausfordernd ist und oft unerwartete Wendungen nimmt, sind es genau diese Herausforderungen, die mich antreiben. Zudem schätze ich den internationalen Aspekt der Forschung, der Menschen mit ähnlichen Zielen zusammenführt, unabhängig von ihrem Hintergrund. Last but not least, möchte ich mein Wissen erweitern und Lösungen für gesellschaftliche, technische oder wissenschaftliche Probleme finden.

Welche Fake News zur Energiewende ärgert dich am meisten? Welchen wissenschaftlichen Fakt zur Energiewende sollte jeder/jede kennen?
Es ärgert mich, wenn pauschal behauptet wird, PV hätte negative Umweltauswirkungen. Der PV-Ausbau benötigt zwar Flächen, aber auch die Konsequenzen der Klimaerwärmung zerstören Flächen, wie die immer häufiger auftretenden Waldbrände mit erschreckender Deutlichkeit zeigen. Angesichts der drängenden Klimakrise ist es unerlässlich, erneuerbare Energien zu fördern, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Und auf die Verfügbarkeit von Strom will ja auch niemand verzichten. Es ist für mich nur die Frage wie der PV-Ausbau umgesetzt wird. Mit Biodiv-PV verfolgen wir beide Anstrengungen: Ausbau erneuerbarer Energie und Naturerhaltung.
Was gibt dir persönlich Energie?
Der Austausch mit anderen, die dieselben Ziele und Fragen haben wie ich, sowie der Zusammenhalt motivieren mich sehr.
Ansonsten Sonne und Kaffee.Titelbild: © iStock.com / McKinneMike. AI generated
Das Fraunhofer ISE beteiligt sich mit dieser Blogserie aber auch mit weiteren Aktionen und Veranstaltungen am Wissenschaftsjahr 2025 – Zukunftsenergie. Alle unsere Beiträge finden Sie auf unserer Webseite

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