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Einfamilienhaus in Freiberg mit Sole-Wasser-Wärmepumpe, geplant durch die geoENERGIE-Konzept GmbH. © Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V.

Muss ein Haus zuerst saniert werden, damit eine Wärmepumpe installiert werden kann?

Folge 3 der Serie «Wärmepumpen im Bestand»

Ganz klar: je weniger Energie für die Erzeugung eines angenehmen Raumklimas benötigt wird, desto besser. Deshalb sind Sanierungsmaßnahmen zur Reduzierung des Heizenergiebedarfs immer sinnvoll. Dies gilt für alle Heizsysteme, nicht nur für Wärmepumpen.

Aus unterschiedlichen Gründen ist eine (Voll-)Sanierung von Gebäuden manchmal nicht kurzfristig möglich. Glücklicherweise müssen Häuser aber auch nicht umfassend saniert sein, um für den Einsatz von Wärmepumpen in Frage zu kommen. Natürlich ist der Wärmepumpenbetrieb umso effizienter, je geringer die Wärmeverluste sind. Sowohl das Portemonnaie der Bewohner als auch die Ökologie profitieren von einem möglichst geringen Einsatz von Heizenergie.

Entscheidend für den Einsatz von Wärmepumpen sind aber die erforderlichen Heizkreistemperaturen. In vielen alten Häusern sind die Wärmeübergabesysteme überdimensioniert. Dadurch ist es beim Tausch der Heizungsanlage meist möglich, die im System eingestellte Vorlauftemperatur abzusenken und die Wärmepumpe effizienter zu betreiben. In vielen weiteren Fällen wurden bereits Sanierungsschritte, wie ein Austausch der Fenster, unternommen. Auch dies reicht häufig aus, um eine Wärmepumpe effizient einzusetzen.

Mit Hilfe zusätzlicher, relativ kostengünstiger und kurzfristig umsetzbarer Maßnahmen lässt sich die Effizienz positiv beeinflussen. Dazu gehört der z.B. der Austausch von einzelnen Heizkörpern. Moderne Radiatoren können die gleiche Wärmemenge bei signifikant geringerer Heizkreislauftemperatur an den Raum übertragen. Solche einfachen Sanierungsmaßnahmen können oft der erste Schritt eines mittelfristigen Sanierungsfahrplans sein, mit dem sich später weitere Effizienzverbesserungen erzielen lassen.

Ein weiteres verbreitetes Vorurteil ist, dass Wärmepumpen nur mit einer Fußboden- oder Wandheizung einsetzbar sein. Das ist jedoch nicht nur physikalisch falsch, sondern wird auch von tausenden, mit Heizkörpern realisierten Wärmepumpensystemen widerlegt. Heizkörper erfordern nicht zwangsläufig  „sehr hohe“ Vorlauftemperaturen. In unserer Feldstudie hat nur eine Handvoll der Luft/Wasser-Wärmepumpenanlagen, die ausschließlich mit Heizkörpern ausgestattet waren, mittlere Heizkreistemperaturen von über 45°C erreicht. Bei der Mehrheit der Anlagen lagen die Temperaturen sogar unter 40°C.

Werden Bestandsgebäude mit Wärmepumpen überhaupt angenehm warm?

Der wichtigste Punkt für die Bewohner ist sicherlich: ist die Raumtemperatur für die Bewohner angenehm, auch wenn es draußen sehr kalt ist? In den ersten zwei Februarwochen 2021 war es in Deutschland ziemlich kalt. Eine ganz aktuelle Auswertung von 20 Luft/Wasser-Wärmepumpenanlagen, bei denen die Messwerte am Fraunhofer ISE kontinuierlich erfasst werden, hat folgendes gezeigt: Die mittlere Außenlufttemperatur bei den ausgewerteten Wärmepumpen betrug in dieser Zeit -3,6°C (Wie kalt das ist, zeigt der Umstand, dass es in den letzten 50 Jahren nur 5 Monate mit mittleren Temperaturen unter -3,5°C in Deutschland gab).

Die Effizienz von 17 Anlagen (die drei besten in voll sanierten Häusern wurden nicht berücksichtigt) betrug in dieser Zeit 2,3, wobei die Bandbreite zwischen 1,6 und 2,8 lag – d.h. selbst bei so kalter Witterung konnte aus jede Kilowattstunde Strom aus der Umgebungsluft mehr als doppelt so viel Wärme gewonnen werden. Die Anlage mit der niedrigsten Effizienz musste mit der niedrigsten mittleren Außenlufttemperatur von -10,2°C arbeiten. Bei nur fünf Anlagen kamen die Heizstäbe zum Einsatz und wurden bei der Ermittlung der Effizienz berücksichtigt. Und: von allen Anlagen wurde die gewünschte Heizwärme bereitgestellt.

Dass Wärmepumpen auch bei sehr niedrigen Außentemperaturen erfolgreich eingesetzt werden können, zeigt sich auch daran, dass sie in Ländern mit deutlich strengeren Wintern, wie z.B. in Skandinavien, bereits weit verbreitet sind. Auf dem Markt gibt es Produkte, die sogar bei -25°C ohne Heizstab arbeiten können.

Was passiert bei einer Sanierung nachträglich zum Einbau der Wärmepumpe?

Mit Blick auf die Sanierung wird zudem häufig gefragt: Was passiert, wenn zuerst eine Wärmepumpe installiert und erst später saniert wird? Wäre die Wärmepumpe dann überdimensioniert? Die nachträgliche Sanierung wird dann vor allem eine Steigerung der Effizienz der Wärmepumpe mit sich bringen. Wärmepumpen liefern die benötigte Wärme sowohl im milden Herbst als auch im frostigen Winter, das heißt, sie müssen während der ganzen Heizperiode sehr flexibel reagieren können. Daher ist auch eine Überdimensionierung (außer in Extremfällen) kein großes technisches Problem.

Zudem sind Wärmepumpen mit Inverter-Technologie, die eine Leistungsregelung der Wärmepumpe ermöglichen und so einen flexiblen Leistungsbereich mit hoher Effizienz liefern können, mittlerweile fast zum Standard geworden.    

Es zeigt sich also, dass Wärmepumpen auch in Bestandsgebäuden sinnvoll einsetzbar sind. Dabei ist es zwar grundsätzlich immer besser, zuerst zu sanieren, aber es ist nicht zwingend notwendig. In den allermeisten Fällen ist eine gute Wärmepumpenlösung auch unsaniert (bzw. geringfügig saniert) realisierbar. Es gibt viele Installateure, die auf solche Fälle spezialisiert sind.

Was aber heißt „sinnvoll einsetzbar“? Die zwei wichtigsten Bewertungskriterien sind die Ökologie und Ökonomie. Beide Aspekte werden in späteren Folgen der Serie gesondert betrachtet. In der nächsten Folge werden wir zunächst die Ergebnisse aus dem Feldtest von Wärmepumpen in Bestandshäusern genauer beleuchten.

Zum Weiterlesen:

Überblick über die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von Wärmepumpen.

Teil 2 der Serie «Wärmepumpen im Bestand»: Können Wärmepumpen überhaupt ausreichend hohe Heizkreistemperaturen liefern?

Titelbild:

Einfamilienhaus in Freiberg mit Sole-Wasser-Wärmepumpe, geplant durch die geoENERGIE-Konzept GmbH. © Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V. Mehr Informationen zu diesem Referenzobjekt. 

Dieser Blogbeitrag wird finanziell durch die Stiftung Klimaneutralität unterstützt.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir als Forschungsinstitut keine Einzelfall-
beratung für Privatpersonen durchführen können. Kompetente Expertinnen und
Experten, hoffentlich auch in Ihrer Nähe, finden Sie zum Beispiel auf der
Webseite des Bundesverbands Wärmepumpe.

Marek Miara

Marek Miara verfügt über langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien. Am Fraunhofer ISE arbeitet er bereits seit 18 Jahren, gegenwärtig ist er dort als „Business Developer Heat Pumps“ tätig. Er ist Master-Absolvent der Technischen Universität Breslau (2000) sowie der Universität Kassel (2004). Im Jahr 2014 promovierte er an der Technischen Universität Breslau.
Neben nationalen Projekten betreute er internationale EU-Projekte und Aktivitäten im Rahmen von IEA - Heat Pump Technologies. Für Annex 50 (Heat Pumps in Multi-Family Buildings for Space Heating and DHW) wurde ihm die Rolle des „Operating Agent[s]“ anvertraut. Zudem ist er Mitglied bei mehreren Gremien des VDI (Verband Deutscher Ingenieure), Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Kälte- und Klimatechnik (DKV), Vorstandsmitglied des Europäischen Wärmepumpenverband (ehpa) sowie Mitbegründer der polnischen Wärmepumpenverbandes (PORT PC).

6 Kommentare

  • Bei den Überlegungen wie die Heizkreis- Vorlauftemperaturen abgesenkt werden können sollte auch berücksichtigt werden das die Raum- LUFT- Temperatur allein keine vollständige Aussage zur Behaglichkeit zulässt. Deshalb wurde in den Richtlinien zur Raumluftqualität die empfundene bzw. operative Temperatur im Raum als Qualitätsmaßstab eingeführt. Der Vorteil dieser Betrachtungsweise liegt in der Berücksichtigung der Tatsache begründet, dass die Temperaturen der Umfassungskonstruktionen erheblichen Einfluss auf den als behaglich wahrgenommen Raumzustand haben. Im Heizfall sollen diese Temperaturen an den Außenwand- und Fenster Konstruktionen möglichst Werte oberhalb von 17° C betragen. Das lässt sich in Bestandsgebäuden oft nur durch die energetische Sanierung der Gebäudehülle erreichen.

  • Ganz hervorragend eignen sich-auch bei bestandsgebäuden-DIREKTVERDAMPFER-WÄRMEPUMPEN. Hohe Wirtschaftlichkeit, geringer Flächenbedarf!

  • Wer kann denn dahingehend beraten, ob und unter welchen Umständen eine Luftwärmepumpe in meinem Bungalow mit Einrohrsystem, Radiatoren und einer Gastherme mit aktuell 70 Grad Vorlauftemperatur denkbar ist? Fenster von 93 doppelverglast, Wand außen 4 cm Styropor und das Dach bald neu gedämmt. Der PV-Anlagenbauer verkauft mir gerne die Wärmepumpe gleich dazu, der Energieberater „glaubt“ aber „weiß“ nicht, und im Internet werde ich nicht schlau…

    • Ich rate dir unter den gegebenen Umständen vom Einbau einer Wärmepumpe ab
      Mit 70 Grad VL kannst du keine vernünftigen arbeitszahlen erzielen.

    • Umbau von Einrohrheizung auf Zweirohrheizung habe ich bei mir durchgeführt. Das ist mit guten Überlegungen möglich, und auch relativ kostengünstig durchzuführen (habe ich selbst durchgeführt). Das kann man auch mit dem Heizungsbauer besprechen. Dann kann man u.U. durch Austausch kritischer Heizkörper die Vorlauftemperatur auf sehr niedrige Werte bekommen, weil die Heizkörper am „Ende“ der bisherigen Einrohrheizungsschleife normalerweise sehr gut dimensioniert sind

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