In einfachen Worten: Wie funktionieren PVT-Kollektoren?
PVT-Kollektoren wandeln Sonnenenergie in Strom und Wärme um und werden deshalb auch als Hybridkollektoren bezeichnet. Hinter den PV-Modulen, die mit der Anlagentechnik verkabelt sind und damit die Abhängigkeit vom Stromnetz senken, ist ein Wärmetauscher montiert, der mit einem Wärmeträger durchströmt, die Wärmeenergie vom Dach holt. Die Wärme kann z.B. einer Wärmepumpe als Wärmequelle zur Verfügung gestellt werden, dann bilden die PVT-Kollektoren das Herzstück eines hocheffizienten Heizsystems: für Ein- und Mehrfamilienhäuser im Neubau und im Bestand. Auch wenn die beiden solaren Energietechniken an sich nicht neu sind, betrachten wir am Fraunhofer ISE PVT als eigenständige Technik im Bereich erneuerbare Energien, da Einsatzgebiete erschlossen werden können, die bislang weder durch die klassische Solarthermie noch durch die PV abgedeckt waren.
Welche Arten von PVT-Anlage gibt es und wie ist die Marktentwicklung?
Man unterscheidet grob drei Arten von PVT-Anlagen: unabgedeckte, abgedeckte und Strahlung konzentrierende Techniken. Die Wahl des Produkts hängt von den Betriebstemperaturen und den spezifischen Anforderungen der thermischen Anwendung ab.
Derzeit dominieren unabgedeckte PVT-Anlagen den deutschen Markt mit einem Marktanteil von ca. 95 Prozent. Insgesamt entwickelt sich der Markt für PVT-Anlagen positiv. Im Jahr 2022 wuchs er in Deutschland um 126 Prozent – auf eine installierte Fläche von insgesamt 150.000 Quadratmetern Kollektorfläche. Man kann sagen, dass sich die Technologie noch in der Nische befindet, das Interesse aber stark wächst, auch bei reinen Photovoltaik-Modulherstellern. Im Projekt »IntegraTE« arbeiten wir gemeinsam mit relevanten Herstellern aus der Branche daran, PVT als energieeffiziente Technologie bei der Markterschließung zu begleiten (siehe Box unten). Einige Hersteller fahren ihre Kapazitäten bereits hoch
Für wen lohnt sich eine PVT-Anlage?
Eine PVT-Anlage spricht derzeit diejenigen an, die eine Heizungsmodernisierung planen und sich für eine Wärmepumpe interessieren. Besonders attraktiv wird eine PVT-Anlage, wenn keine Erdbohrungen möglich oder gewünscht sind. Es ist oft von Vorteil, wenn dank PVT-Kollektoren keine Außenlufteinheit benötigt wird. Grundsätzlich muss man bedenken, dass die Investitionskosten höher sind als bei anderen Installationen wie PV oder reiner Solarthermie. Dafür stellt eine PVT-Heizung ein hocheffizientes Heizsystem dar: Während PV-Module allein nur bis 20 % der eingestrahlten Sonnenenergie in Form von Strom nutzbar machen können, liegt die Effizienz von PVT-Kollektoren bei ca. 70 %. Bei PV-Modulen geht der größte Teil der Sonnenstrahlung in Form von Wärme verloren – PVT-Elemente nutzen diese Energie zum Heizen.
Ist PVT auch für Industrieanlagen oder Kommunen interessant?
Auf der systemischen Ebene ist die Einbindung von PVT-Anlagen, die bei höheren Temperaturen Energie liefern – dann auch direkt –, oder auch die Einbindung von PVT-Anlagen in Wärmenetze auf unterschiedlichen Temperaturniveaus denkbar. Damit erschließt sich die Technologie auch entsprechende Anwendungsfelder. In unserem neuen Projekt »integraTE-XL« heben wir dezidiert auf größere Anlagen ab – also die Sanierung von Mehrfamilienhäusern oder Lösungen im Zuge des energetischen Umbaus von Gewerbeliegenschaften. Wir planen im Projekt Anlagen, die wir zusammen mit Anlagenbauern entwickeln, als Demonstratoren zu nutzen. Dafür werden sie durch Simulation, Energiemonitoring und eine marktwirksame Kommunikation begleitet. Wir denken, dass auch Liegenschaften mit begrenzter Dachfläche von der PVT-Technologie profitieren können. Die Kosten lassen sich durch Skalierungseffekte in der Produktion und Standardisierungen im Planungs- and Ausführungsprozess absenken. Auch hier setzt das Projekt mit den beteiligten Firmen an.
Worin liegen die Vorteile einer PVT-Anlage in Kombination mit einer Wärmepumpe?
Die Vorteile einer PVT-Anlage in Kombination mit einer Wärmepumpe liegen in der Nutzung von solarer Strahlung und Luft als Wärmequellen, der Möglichkeit, überschüssige Wärmeenergie im Sommer zur Regenerierung von Erdsonden zu nutzen sowie die höchsteffektive Verwendung von begrenzter Dachfläche. Im besten Fall kann auf Erdarbeiten und aktive Außenlufteinheiten verzichtet werden, das spart Geld. Nachteile können darin liegen, einen geeigneten Installateur vor Ort zu finden, da die Technik noch nicht so weit verbreitet ist. Auch die bereits erwähnten Planungskosten können sich aufgrund der komplexeren Anwendung nachteilig auswirken.
Wie kann die Effizienz erhöht werden?
Der Praxistest für PVT-Anlagen mit Wärmepumpe in Einfamilienhäusern zeigt, dass die Kombination sowohl in der Sanierung als auch im Neubau gut funktioniert. Die Effizienz kann durch Optimierung der Technikkomponenten und ihres Zusammenspiels und eine intelligente Regelung des Systems erhöht werden.
An der Effizienzsteigerung und Kostensenkung arbeiten wir hier am Institut kontinuierlich. Wir wollen das Know-how aus den Forschungsbereichen Photovoltaik, Solarthermie sowie der Anlagentechnik zu bündeln und die Technologie voranzubringen. Aus der PV sind zum Beispiel Erkenntnisse aus der Materialentwicklung, also etwa die Schindeltechnologie oder alternative Einkapselungs-Verfahren spannend. Für PVT-Kollektoren sind die EVA-Folien, die die einzelnen Schichten von Solarmodulen miteinander verbinden und schützen, oft der limitierende Faktor, weil die nur bis zu einer bestimmten Temperatur stabil sind. Unsere Forschung und Entwicklung zu diesen Spezialfragen nützen vielen Herstellern von PVT-Kollektoren, die dies selbst nicht leisten können. Es eröffnet mehr Freiheitsgrade für die Anwendung von PVT-Anlagen, wenn man nicht nur mit den Standard PV-Materialien arbeitet, sondern richtig tief rein gehen kann ins Engineering. Damit ist der Kostendruck natürlich sofort wieder auf einem anderen Ausgangsniveau.
Woran forscht ihr noch am Institut?
Die Nutzung der Wärme ist letztlich auf der systemischen Seite die zentrale Frage. Dafür müssen die Produkte für die Anwendung im Markt zu Ende gedacht werden. Wohin mit der Wärme im Sommer? Woher kommt der Strom im Winter? Welche Energieform wird, zu welchen Kosten gespeichert; Strom oder Wärme? Wie werden die Kosten aus Invest und Betrieb den beiden Wandlungspfaden zugeschlagen, sprich: Was kostete eine kWh Strom und eine KWh Wärme aus solch einer Anlage?
Es gibt wirklich eine große Anzahl von Fragen, die es sich lohnt zu bearbeiten. Übrigens gibt es auch sehr interessante Produkte im europäischen Ausland. Durch unsere internationalen Forschungstätigkeiten, Verbandsarbeit, Konferenzen, Normungsarbeit und im Rahmen der International Energy Agency IEA treiben wir diese tolle Technik mit einem breiten Netzwerk voran.
Wie viel Fläche benötigt eine PVT-Anlage?
Die benötigte Fläche für eine PVT-Anlage hängt von verschiedenen Faktoren ab, z.B. dem Wärmebedarf des Gebäudes und der Leistung der Anlage. Eine genaue Berechnung der benötigten Fläche kann mit Planungsprogrammen durchgeführt werden. Ein grober Schätzwert für die benötigte Fläche einer monovalenten Wärmepumpen-PVT-Anlage, bei der also die PVT die einzige Wärmequelle für die Wärmepumpe darstellt, liegt bei etwa vier Quadratmetern Kollektorfläche pro kWpeak Nennleistung der Wärmepumpe. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass dies von der Bauart des gewählten Produkts abhängt und nur als grobe Richtlinie betrachtet werden sollte. Wenn der Kunde sich für PVT entscheidet, kann natürlich die gesamte verfügbare Dachfläche durch die Installation von Photovoltaikmodulen ergänzend genutzt werden, um keine Fläche zu vergeuden und eine homogene Optik zu erreichen.
Apropos Optik: Lassen sich ähnlich wie bei PV-Modulen auch bei PVT-Kollektoren farbige Akzente setzen?
Ja, auch PVT-Kollektoren lassen sich individuell farblich gestalten und können so Gebäude oder ganze Stadtteile aufwerten. Gemeinsam mit Partnern aus der Industrie hat das Fraunhofer ISE die patentierte MorphoColor®-Strukturschicht entwickelt, die Kollektoren eine intensive Farbgebung verleiht. Dabei behalten sie über 90 % ihrer Effizienz.
Weitere Informationen
34. Symposium »Solarthermie und innovative Wärmesysteme«
Süddeutsche Zeitung: Energie: Kombi fürs Dach (gebührenpflichtig)
IntegraTE – PVT-Kollektoren und Wärmepumpen im Gebäudesektor fördern
Die Initiative zur Verbreitung von PVT-Solarkollektoren und Wärmepumpen im Gebäudesektor »integraTE« will den Bekanntheitsgrad dieser effizienten Technologie steigern. Ziel der Initiative ist es, den Status quo der aktuell verfügbaren und eingesetzten PVT-Wärmepumpen-Systeme (PVT-WP-Systeme) zu ermitteln und Lücken in den Randbedingungen des Markts zu schließen. Dazu werden Systemsimulationen aufgebaut und online kostenfrei zur Verfügung gestellt, ausgewählte Systeme vermessen und auf Basis der Felddaten in Bezug auf ihre Energieeffizienz, CO2- Einsparung und Wärmegestehungskosten bewertet. Daraus erstellt das Projektkonsortium Informationsmaterial für verschiedene Nutzergruppen wie Planer, Handwerker und Wohnungsbaugesellschaften. Gefördert wird »integraTE« vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).
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